Spurensuche in einer Zwischenwelt

Die Alpen. Eine europäische Region im Wandel. Sie befindet sich in der geografischen Mitte des Kontinents, gilt aber wirtschaftlich als Randregion. Zeugen ihrer wechselhaften Geschichte sind die vielen verlassenen, verfallenen und zerstörten Bauten, denen man in den Piemonteser  Tälern genauso begegnet wie in der Provence oder im Berchtesgadener Land.

Zauber des Vergänglichen: Die “Lost Places” bilden eine geheime Gegenwelt zu unserer getakteten, von rechten Winkeln und Algorithmen, von Vorschriften und Verboten dominierten Welt, die alles Unsichere, Mystische ausblendet.

Als Zeitreisender ohne unsere Welt zu verlassen hat sich Stefan Hefele auf diese Zwischenwelt eingelassen. Er porträtiert sie wie ein Maler und fängt viel Atmosphärisches ein. Das ist Kunst – Fotokunst. “Sind es nicht die Gegensätze, die das Leben erst lebenswert machen?” fragt er und richtet seinen Fokus nicht nur auf Gebäude, sondern auch auf Wege und Straßen. Einst führten sie als Lebensadern zu Villen, Fabriken, Sportstätten und Bauernhäusern. Jetzt enden sie im Nirgendwo.

Welche Geschichten sind mit den “Lost Places” verbunden? Warum wurden sie aufgegeben und dem Zerfall überlassen? Das Buch “Geisterhäuser” ist eine Einladung, einigen dieser Geheimnisse nachzuspüren. Im Anhang finden sich detaillierte Anreisebeschreibungen. Die Autoren Stefan Hefele und Eugen E. Hüsler weisen  ausdrücklich darauf hin, dass Besucher der beschriebenen Orte  keinen Hausfriedensbruch begehen.

Stefan Hefele, Eugen E. Hüsler: Geisterhäuser. Verlassene Orte in den Alpen, Bruckmann Verlag GmbH, München 2018. 49,99 Euro.

 

 

Unterirdisches Erlebnis

Unweit des Ebertplatzes, wo sich Ende des 19. Jahrhunderts ein Weingut befand, entsteht etwas Neues. Wo auf 2.000 unterirdischen Quadratmetern einst die Rebsäfte des Winzers Engels lagerten, wird Wein bald wieder eine Rolle spielen. Ein erster Einblick in den Gewölbekeller verheißt Genuss.

In der Kölner Winebank werden Freunde des guten Tropfens aufeinandertreffen, trinken und die Schätze aus ihren Schließfächern miteinander teilen. Oder sie lernen an der Tasting-Bar neue Weinsorten kennen. Regelmäßige kulinarische Events erhöhen den Reiz der Mitgliedschaft im Club der Weinliebhaber, wie Winebank-Managerin Claudia Stern verspricht. Beim ersten Event an diesem magischen Ort servierten Olivenbauer Bastian Jordan (rechts) und Sommelier Antonius Askitis (links) Geschmackskompositionen aus verschiedenen Olivensorten und Weinen griechischen Ursprungs.

 

Ein Ort, zwei Künstler

Das Essener Museum Folkwang ist immer einen Besuch wert, zurzeit gleich doppelt. Würden diese beiden Künstler sich mögen, wenn ihre Schaffensperiode gleichzeitig stattfände? Diese Frage habe ich mir heute beim Besuch des Hauses gestellt.

Seit heute wird im Museum Folkwang Edvard Munchs Gemälde „Die Mädchen auf der Brücke“ gezeigt. Die Leihgabe aus dem Munch Museum in Oslo steht im Zentrum der Kabinett-Ausstellung „Edvard Munch. Sehnsucht und Erwartung“. Gezeigt wird das Werk gemeinsam mit drei Gemälden sowie einer Auswahl von 17 grafischen Arbeiten Munchs aus der Sammlung des Museum Folkwang. Für die Sammlungspräsentation wurden Werke ausgewählt, die unterschiedliche seelische Empfindungen thematisieren.

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Munch widmete sich wie kein zweiter Künstler seiner Zeit den Nöten und Sehnsüchten, Sorgen und Erwartungen des Menschen. Die ausgestellten Werke zeigen einsame Menschen, die des Nachts in ihrem Zimmer wachen oder melancholisch am Meeresufer sitzen. Andere Arbeiten stellen Paare dar, die sich endlich gefunden haben. Das Gemälde „Die Mädchen auf der Brücke“ entstand 1927 und zeigt drei wartende Mädchen auf dem Landungssteg des Badeorts Åsgårdstrand am Oslofjord. Es ist bis zum 22. April zu Gast in Essen.

Provozierende Aussagen

Als Edvard Munch starb, war Klaus Staeck sechs Jahre alt, und eine Karriere als Künstler lag noch in weiter Ferne. Zunächst wohl auch außerhalb seiner Lebensplanung, denn der 1938 in Pulsnitz bei Dresden geborene politische Aktivist schloss zunächst ein Jurastudium in Heidelberg ab. Das Museum Folkwang würdigt ihn im Jahr seines 80. Geburtstags mit einer seiner größten Einzelausstellungen überhaupt.

Die Ausstellung „Klaus Staeck. Sand fürs Getriebe“ zeigt rund 200 der bekanntesten Plakate, Postkarten und Multiples und gibt erstmals einen umfangreichen Überblick über die frühe Druckgrafik des Plakatgestalters.

Staecks Kunst ist seit den 1960er Jahren nicht vom aktuellen Zeitgeschehen zu trennen und ist Ausdrucksform seiner politischen Ansichten. Mit fast jedem Entwurf enthüllt Staeck einen Missstand und regt damit zum Nachdenken über Gesellschaft, Kunst und Politik an. Mit seinen Plakaten hat Klaus Staeck eine Wirkung erzielt wie kaum ein anderer vor ihm. Seine Art der Satire brachte ihm bis heute 41 Gerichtsprozesse ein, von denen er keinen verlor.

Klaus Staecks mehr als fünf Jahrzehnte umfassendes Werk gibt Einblicke in den technischen Entwicklungsprozess der Plakatproduktion im vordigitalen Zeitalter. Der Fokus der Ausstellung liegt auf Staecks Abkehr von der künstlerischen Auseinandersetzung mit Druckgrafik und seiner Hinwendung zum Plakat. „Sand fürs Getriebe“ wird noch bis zum 8. April gezeigt.

Fotos (2): Museum Folkwang

Maritime Träume erwünscht

Die Sehnsucht nach einem Leben auf Schiffsplanken und an reizvollen Marinas, vor wechselnden Kulissen und Panoramen zieht jährlich mehr als 100.000 Menschen zur BOOT. Diesmal meldete die Düsseldorfer Messe bereits am ersten Wochenende 60.000 Besucher.

Sehen möchten wir sie alle, die Großyachten mit ihren Luxusausstattungen. Die Halle 6 ist ein Ort zum Staunen. Man schaut zu diesen gigantischen Schiffen auf, bei den meisten ist das Betreten einem handverlesenen potenziellen Kundenkreis vorbehalten. Wer mag das sein? Trifft man Menschen, die Millionenbeträge für ein schwimmendes Domizil ausgeben, tatsächlich hier auf der Messe?

Wir begegnen Freizeitkapitänen jeder Art – vom (Kyte-)Surfer bis zum Einhandsegler, vom Kanuten bis zum Rennbootpiloten, vom Optimisten bis zum Hochseesegler. Sie alle kommen auf der BOOT auf ihre Kosten, sowohl was das Angebot betrifft, als auch die Möglichkeiten des Ausprobierens.

Drumherum spielen auch andere Freizeitaktivitäten eine Rolle: (Ab-)Tauchen kann man ebenso wie Wellenreiten und erste Paddelingversuche wagen – oder sich eine Angel kaufen.

Selbstverständlich ist auch das maritime Zubehör, von der angesagten (Sport-) Kleidung, der Bootsausrüstung und -einrichtung bis hin zu Segeln, Masten und Motoren. Und wer von all dem so gar keine Ahnung hat, dem machen Charterbootanbieter und Reiseveranstalter das Leben beziehungsweise einen Urlaub auf dem Wasser schmackhaft – zuweilen auch mit leckeren Häppchen aus dem Meer.

Fotos (11): Messe Düsseldorf/Boot 2018

Verhängnisvolle Fehler

Die Hauptreisezeit des Jahres ist vorbei. Da kann man es wagen, ein Buch vorzustellen, das bei Zartbesaiteten durchaus geeignet ist, Flugangst zu wecken, sich für Flugbegeisterte hingegen als ideales Weihnachtsgeschenk erweisen dürfte. Es handelt sich um „Pilotenfehler“ von Jean-Pierre Otelli, den fünften Band der Serie „Erreurs de Pilotage“. Es ist der erste Band in deutscher Übersetzung. In seiner Muttersprache ist der fleißige Schreiber bereits bei Band elf angekommen.

Im Vorwort des vorliegenden Buches äußert der Autor die Vermutung, dass er gerade für dieses scharf kritisiert werde. Denn es enthält das Absturzprotokoll des A330-Fluges von Rio nach Paris am 1. Juni 2009. Dieses zunächst unerklärliche Unglück hat viele Gemüter bewegt und Anlass zu diversen Verschwörungstheorien gegeben, bis die Ursache „Pilotenfehler“ feststand.

So ist es mit allen von Otelli geschilderten und aufgearbeiteten Abstürzen. Der selbst überaus erfahrene Pilot weist anhand der jeweiligen Protokolle zweifelsfrei nach, dass nicht die Technik sondern der Mensch im Cockpit versagt hat. Dennoch leitet er daraus keine Schuldzuweisungen ab. Denn das, was in Cockpits tagtäglich geschieht und in den beschriebenen Fällen geschehen ist, sind kleine Unaufmerksamkeiten oder Nachlässigkeiten, die jedem bei der Arbeit unterlaufen können. Sie lassen sich in der Regel auch am Arbeitsplatz Cockpit ausgleichen, ohne dass je jemand davon erfährt. Denn moderne Flugzeuge sind sicher, leicht zu steuern und verzeihen fast alle Fehler: „Das führt dazu, dass sich die Ausbildungsmethoden geändert haben“, schreibt Otelli, sie seien heute sehr viel weniger komplex, aber „es wäre Zeitverschwendung, heute Kosmografie zu studieren, wo doch das Flugzeug seine Route genau kennt und niemanden für die Navigation benötigt. Das Problem ist nur, dass einige Piloten deshalb unter bestimmten Voraussetzungen schon durch eine kleine Panne verunsichert werden können, über die die Veteranen nur müde lächeln würden.“

Kommt es zu einem Unglück, dann neigen Fluggesellschaften dazu, die Fehler in der Technik zu suchen – und Untersuchungsergebnisse so lange wie möglich zurückzuhalten. So hat die ganze Welt zwei Jahre lang gerätselt, was mit dem Flug AF 447 von Rio nach Paris über dem Atlantik passiert sein könnte – Raum für Verschwörungstheorien verschiedenster Art. „Das Problem ist, dass ein Airbus ein unglaublich gutmütiges Flugzeug ist“, schreibt Otelli. Hätte den Piloten die Kenntnis der Konstellationen am Sternenhimmel womöglich geholfen, ihre Fehler zu korrigieren?

Der Rio-Paris-Absturz wird in die Annalen der Luftfahrt eingehen. Er wirft aber auch Fragen in Bezug auf die moderne Flugsicherheit und die Schulung der Piloten auf. Gut, dass sie wenigstens einer stellt!

Jean-Pierre Otelli: Pilotenfehler 5, Éditions JPO, 2017, ISBN: 9782373010602

Warschau im Schnelldurchgang

Ein kurzes, aber randvolles Wochenende verbrachte eine Gruppe von (Handwerks-)Journalisten in Warschau. Für die meisten war es der erste Besuch in der Stadt, deshalb war die dreistündige Wanderung auf dem “Königsweg” ein Muss.

Neben der Geschichte spielte für uns natürlich auch die Politik eine Rolle. Unsere Gesprächspartnerinnen Monika und Agnes sprachen sowohl die aktuellen Entwicklungen an als auch deren Parallelen zu längst überwunden geglaubten historischen Vorbildern.

Warschau ist ein Hort der Geschichte und Architektur. Der Kulturpalast ist das Wahrzeichen der Stadt und mit 237 Metern Polens höchstes Gebäude. Er wurde in nur drei Jahren (1952 bis 1955) gebaut und war ein Geschenk der Sowjetunion. Von seiner Aussichtsplattform genießt man einen herrlichen Rundblick über die Stadt, und die Hochhäuser des Bankenviertels wirken viel kleiner, als sie von der Straße aus betrachtet scheinen. Das moderne Wahrzeichen der Stadt steht auf der anderen Seite der Weichsel: das Nationalstadion. Es wurde zur Fußball-Europameisterschaft 2012 errichtet und wird heute als Zentrum für sportliche Freizeitangebote genutzt.

Nicht nur architektonisch, vielmehr auch der Aufbereitung seines Inhalts wegen, ist der Besuch im POLIN ein Muss. Das Museum der Geschichte der polnischen Juden ist erst 2015 fertiggestellt und jüngst mit dem Award “Bestes Museum der Welt 2016” ausgezeichnet worden. Es hat seinen Platz genau dort gefunden, wo einst das grausamste Kapitel der jüdischen Geschichte in Warschau geschrieben wurde, gegenüber dem Denkmal der Helden des Ghettos. Hier streift uns auch die deutsche Ostpolitik. Eine Bronzetafel am Denkmal erinnert an Willy Brandts Kniefall am 7. Dezember 1970.

Nicht nur im Sommer spielt Chopin in Warschau eine große Rolle. Einige seiner bekanntesten Stücke erklingen auf Knopfdruck aus Marmorbänken , die in der Stadt verteilt sind. Und jeden Abend gibt es mindestens ein Chopin-Konzert in der Stadt. Wir waren im Schloss, wo die Jungpianistin Katarzyna Kzaszewska innerhalb von 60 Minuten durch elf Stücke fegte. Auf dem Rynek erklang hingegen Popmusik der 70er Jahre: Es spielten die “Rolling Stones”, allerdings fest angeleint.

Kulinarisch kommt man in Warschau natürlich auch auf seine Kosten, da muss man nicht lange suchen. Einige von uns verbrachten ihre Freizeit gerne mit einer heißen Schokolade im Café Wedel. Auch die Pieroggen fanden Zuspruch. Mein persönliches Highlight: Fidel’s Star im Restaurant “Pod Czerwonym Wiprzim”. Für das berühmte Café Blikle und einen Besuch bei der Sterneköchin Magda Gessler reichte diesmal die Zeit nicht. Aber für den letzten Wodka des Tages in der Hotelbar des “Polonia Palace” immer.

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Fotos: Hans-Jürgen Basdorf, Christoph Lütgert, Ute Maciejok, Beate Schmies, Andrea Wolter

Kleine Welt aus Blech

Bis unsere Kinderzimmer von Plastik überschwemmt wurden, waren Stabilbaukästen der Renner. Spielzeug aus Metall ist wie kein anderes mit dem Industriezeitalter verbunden. Einer, der Zeit seines Lebens davon fasziniert war, ist der Kölner Jürgen Griebel. Seiner Sammlung verhilft das LVR-Industriemuseum in Solingen zu öffentlicher Beachtung. Dort kann man jetzt “Die Welt im Kleinen” betrachten.

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Foto: LVR-Industriemuseum

Metallbaukästen kamen als Spielzeug für kleine Architekten, Baumeister und andere damals ausschließlich der männlichen Domäne zuzuordnende Berufe Ende des 19. Jahrhunderts auf. Jürgen Griebel bekam sein erstes Bauset 1934 von seinem Großvater geschenkt. 1960 erwachte die leidenschaft aufs Neue und wurde nach und nach zum Lebensinhalt des Frühpensionärs. Als “Fließerlebnis” bezeichnet Museumsdirektor Dr. Jochem Putsch die Beschäftigung mit Bauplänen und Konstruktionsaufbau. Die Baukästen spielten eine wichtige Rolle in der Erziehung, da sie die Kinder in die Welt der Technik einführten. Zur Umstellung von Kriegs auf Friedenswirtschaft nach 1945 wurden Metallbetriebe von den Besatzern nahezu genötigt, Spielzeug herzustellen. So erlebten die Metallbaukästen bis in die 1960er-Jahre hinein  noch einmal einen Höhenflug, bevor mit Lego (ab 1958 auf dem deutschen Markt) und anderen Herstellern von (Steck-)Bausystemen aus Kunststoff der Niedergang des Bastelns mit Blech-Lochstreifen und Schrauben begann.

Dennoch dürfte es angesichts der kleinen und großen Werke aus Schrauben, Muttern, Rädern und Achsen wie Riesenrad, Eiffelturm und Müngstener Brücke so manchen Besucher in den Fingern jucken, entsprechend kreativ zu werden. “Nicht nur Kinder vergessen die Welt im Spiel. Auch Erwachsene kennen den ‘Flow’, das völlige Aufgehen in einer Tätigkeit, die verbunden mit absoluter Konzentration in Einklang von Anforderung und Fähigkeit in scheinbarer Mühelosigkeit erfolgt und Glücksgefühle auslöst.” So steht es auf einer Tafel in dem Bereich der Ausstellung, der zum Mitmachen mit verschiedenen Baumaterialien einlädt.

Die Welt im Kleinen, LVR-Industriemuseum Gesenkschmiede Hendrichs, Merscheider Str. 289-297, 42699 Solingen

Weitere Informationen unter www.industriemuseum.lvr.de

Der sympathische Nero

Tyrann, Christenverfolger, Brandstifter: Nero kommt in der Geschichte selten gut weg. Erst aktuelle Forschungsergebnisse lassen den Kaiser, der von 37 bis 68 lebte und 14 Jahre lang das Römische Reich regierte, in einem anderen Licht erscheinen. Trier feiert sein 30-jähriges Bestehen als UNESCO-Welterbestätte  mit einer einzigartigen Kulturschau in den drei bedeutenden Museen der Stadt. Sie zeigt auch Neros sympathische Seite.

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Foto: Rheinisches Landesmuseum Trier

Auf zirka 1.000 Quadratmetern und in 14 Ausstellungsräumen geht das Rheinische Landesmuseum der Geschichte des römischen Kaisers nach. Unter dem Titel “Nero – Kaiser, Künstler und Tyrann” beleuchtet ein chronologischer Rundgang mit 430 Exponaten den Werdegang des Imperators: Von seinen Anfängen als engagierter Kaiser, der beim Volk sehr beliebt war, über das Zerwürfnis mit seiner machthungrigen Mutter, die er ermorden ließ, bis hin zu seinen letzten Tagen als Künstler-Kaiser, der sich mehr für seine Schauspielkarriere als für sein Volk interessierte.

Brennende Stadt, verfolgte Christen

Neros Verhältnis zu den Christen beleuchtet das Museum am Dom. Mit 130 Exponaten aus verschiedenen Epochen wird das Thema eingebettet in das Verhältnis des römischen Staates zur Religion und zeichnet die Geschichte der Christenverfolgung nach. Sie beginnt  64 n.Chr. mit dem großen Brand von Rom. Um den Verdacht zu zerstreuen, er habe ihn selbst wegen seiner ehrgeizigen Palastbaupläne gelegt, schob er die Schuld auf die noch junge Gemeinschaft der Christen, ließ sie als Brandstifter verhaften und auf grausame Arten hinrichten. Dass Nero mit dem Ausbruch des Brandes nichts zu tun hatte, ist heute allgemeines Forschungswissen. Doch die Geschichte der Christenverfolgung, der Märtyrer-Tode und der Unterdrückung von Religion wurde besonders durch die christlichen Geschichtsschreiber untrennbar mit dem römischen Imperator verknüpft. Hier drängen sich aktuelle Bezüge zu Religionsverfolgungen geradezu auf.

Quo Vadis

Wer kennt ihn nicht, den Monumentalfilm von 1951 mit Peter Ustinov als Nero? Nicht zuletzt dieser Streifen hat unser Bild von Nero geprägt.Im Stadtmuseum Simeonstift

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Foto: Stadtmuseum Simeonstift Trier

bilden Objekte aus der Populärkultur, die den bis heute zelebrierten Kult um Nero verdeutlichen, den Einstieg in die Ausstellung. Dekadenz, Intrigen und Verbrechen haben Künstler aller Epochen inspiriert. Umgekehrt belegen die 214 Exponate, dass wir bis heute die Wahrheit über das Wesen Neros aus diesen Darstellungen schöpfen.

Zeit für diesen Nero

… sollte man sich unbedingt nehmen. Alle drei Ausstellungen laufen noch bis zum 16. Oktober. Informationen unter www.nero-ausstellung.de

Krakauer Impressionen

10. Juni

Die Pressereise nach Krakau begann in Katowice. Kölns Partnerstadt ist voller Gegensätze. Die Bausünden der Vergangenheit sind noch nicht getilgt. Neben schönen, restaurierten Backstein- und Jugendstilfassaden stehen Plattenbauten, die man dem Verfall preisgibt. Gegensätzliches auch beim EinKaufen: Hier das moderne Shopping-Center, dort traditionelle Fischräuchereien unter freiem Himmel.

Wie anders ist es doch in Krakau! Die Stadt umfing uns sofort mit ihrem Charme. Erste Anlaufstelle war natürlich der Rynek mit der Tuchhalle.

 

Den ersten Abend verbrachten wir im “Morskie Oko”, einem zünftigen Lokal, das wir ohne Insidertipp polnischer Freunde sicher nicht entdeckt hätten.

Der Tisch direkt bei der Musikgruppe machte zwar Gespräche anstrengend, dafür waren aber das Essen und der Service super – die Stimmung auch.

11. Juni

Ein intensiver Besichtigungstag:

Den Vormittag verbrachten wir unter der Erde. Unter Tuchhalle und Marktplatz taucht man in das mittelalterliche Krakau ab. Die Geschichte der Stadt ist hier am Originalschauplatz multimedial aufgearbeitet, beeindruckend.

Von ganz unten ging es am Nachmittag zügig nach ganz oben. Vom Wawel hat man nicht nur einen herrlichen Blick auf die Stadt, man kann ihn natürlich auch besichtigen.

Wir hatten eine private Führung gebucht. Ich habe noch nie in so kurzer Zeit so viele wertvolle Gemälde und Wandteppiche gesehen. Wir verdanken sie König Sigismund, der die riesigen Gobelins im 16. Jahrhundert sammelte und sie in Brügge anfertigen ließ.

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Höhepunkt der Führung: Die Dame mit dem Hermelin. So nah wie auf diesem Foto kommt man dem kleinen Gemälde von Leonardo da Vinci jedoch nicht. Es hängt einsam in einer Kammer, bewacht von einem bis an die Zähne bewaffneten Sicherheitsbeamten.

Am Abend fuhren wir in einen Randbezirk, wo wir in dieser Kirche einem Orgelkonzert mit Werken von Bach, Blow, Frescobaldi und Widor lauschten.

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Zwei eingängige Stücke für  Soloflöte und Streicher  von Vivaldi (Die Nacht) und Tadeusz Baird (Colas Breugnon: eine Suite im alten Stil, 1951) rundeten den Kulturtag ab.

Koscheres Abendessen im Klezmer Hois im Ortsteil Kazimierz.

12. Juni

Unser Navi kannte es noch nicht. Wir mussten erst Passanten fragen, wo sich das Manggha-Museum befindet. Es schmiegt sich ans andere Weichselufer, direkt gegenüber vom Wawel. Dort ist noch bis zum 14. August die Ausstellung “Misy” (Bowls) von Young Jae Lee zu sehen. Für uns ein Muss, denn das Atelier der koreanischen Keramikerin befindet sich in Essen und ist Mitglied in der Handwerkskammer Düsseldorf.

Wir hatten Gelegenheit, mit Kuratorin Anna Król über die Ausstellung und das Museum zu sprechen.

Der Nachmittag brachte einen weiteren Höhepunkt:

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In der ehemaligen Fabrik von Otto Schindler ist ein eindrucksvolles Museum untergebracht, das seinen Namen trägt und die Zeit der Naziherrschaft von 1939 bis 1945 dokumentiert.

Den Tag beschlossen wir mit einem musikalischen Highlight: In der Oper wurde “Tannhäuser” gegeben. Herrliche Stimmen, aber man musste ganz genau hinhören, um die Texte als deutsch zu erkennen. Die polnischen Untertitel halfen nicht weiter. Zum Glück ist die Handlung bekannt.

13. Juni

Bevor alle noch einmal auf eigene Faust loszogen, besichtigten wir den Veit-Stoß-Hochaltar in der Marienkirche am Rynek.

Zwölf Jahre (von 1477 bis 1489) brauchte der Bildhauer , um das Pentaptychon zu erschaffen.

Ein letztes gemeinsames Abendessen und ein paar Wodkas im jüdischen Viertel beschlossen die Reise, bevor es am nächsten Tag wieder von verschiedenen Flughäfen (Krakau und Kattowitz) nach Hause ging.

Fotos: Basdorf (10), Polska Organizacja Turystyczna (6), Kościół Miłosierdzia Bożego (1)

 

Vom Aufbrechen und Ankommen

Verspätung und unfreiwilliger Aufenthalt am Kölner Hauptbahnhof? In der Stadt verabredet und Lust auf Gesprächsstoff?

Da kann ich noch bis zum 31. März 2017 etwas wirklich Sehenswertes empfehlen, und zwar in der Bahnhofsmission auf Gleis 1 E – täglich geöffnet von 7 bis 19 Uhr. Der Maler Günter Winckler stellt dort 30 Bilder aus, für die er das Thema Flucht in leuchtenden Farben umgesetzt hat. Winckler hatte im Rahmen seiner Arbeit bei der Landwirtschaftsorganisation der UN und als Berater des Welternährungsprogramms intensiven Kontakt mit Krisenregionen, Nothilfeprogrammen, Flüchtlingslagern und hilfesuchenden Menschen in Afrika und im Nahen Osten. Seine Bilder verarbeiten eigene Erfahrungen, aber sie spiegeln vor allem auch das wider, was uns aktuell beschäftigt: Wie gehen wir mit Menschen um, die aus Krisengebieten zu uns kommen, vor Not und Elend fliehen und auf unsere Hilfe hoffen?

Winckler1.JPGDie Bahnhofsmission hat seit ihrer Gründung im 19. Jahrhundert viele Flucht- und Wanderbewegungen miterlebt. In letzter Zeit betreut sie regelmäßig Flüchtlinge und Asylbewerber, unterstützt sie bei ihrer Weiterreise zu den zentralen Aufnahmestellen oder hilft den am Kölner Hauptbahnhof Gestrandeten je nach Erfordernis weiter.

Günter Winckler findet nicht nur in der Malerei Erfüllung. Er ist selbst seit vier Jahren ehrenamtlich in der Bahnhofsmission aktiv.

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