Wald aus Kristall

Sie könnten skandinavischen Legenden entstammen – die gläsernen Baumgeschöpfe von Bruno Pedrosa und Simone Crestani.

War es Zufall oder Schicksalsfügung, dass die beiden Künstler sich gefunden haben. Der eine, Jahrgang 1950,  lebte und arbeitete in Rio de Janeiro, als der andere 1984 in Norditalien geboren wurde. Inzwischen leben sie beide ihre Schaffenskraft in Italien aus.

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Progetto Contaminazioni                    Foto: CCAA-Glasgalerie

Noch bis zum 14. Mai ist das “Progetto Contaminazioni” in der CCAA-Glasgalerie in Köln zu bewundern. Dabei handelt es sich um großformatige Glasobjekte, die Simone Crestani vor der Lampe geformt hat. Anschließend wurden sie von Bruno Pedrosa in Gravurtechnik grafisch gestaltet.

Für beide Künstler liegt die Quelle der Inspiration in der Natur. So wirken die durchsichtigen Baumwipfel und -äste wie zufällig vom Wind in Form gebracht. Die Stämme geben ihnen Bodenhaftung, die Gravuren verkörpern die nach oben strebende und sich verjüngende Rinde.

Leider ist diese Ausstellung die letzte in der seit 35 Jahren bestehenden Glasgalerie. Der Galerist Michael Ströter bleibt aber weiterhin aktiv und wird Glaskunst gelegentlich an besonderen Orten und auf Messen zeigen.

 

Begegnung im Schnee

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Foto: Skirama Kronplatz

Ein etwas anderer Nachruf

Zaha M. Hadid hat Architektur auf die Spitze getrieben. Nirgends ist mir das klarer geworden als auf dem Kronplatz in Südtirol. Dort steht das Messner Mountain Museum (MMM Corones). Wobei „stehen“ nicht der richtige Ausdruck ist für dieses Gebäude, das sich quasi in die Landschaft schmiegt. Die Philosophie Reinhold Messners, so wenig wie möglich in die Natur einzugreifen auf dem ohnehin schon (ski-)touristisch bestens erschlossenen Kronplatz, konnte einfach niemand anders umsetzen als Zaha Hadid.

„Am Kronplatz geht der Blick in alle vier Himmelsrichtungen über die Landesgrenzen hinaus: von den Lienzer Dolomiten im Osten bis zum Ortler im Westen, von der Marmolada im Süden bis zu den Zillertalern im Norden“, erklärt Reinhold Messner. „Der Kronplatz beherbergt nun das Highlight meiner Bergmuseen, einen Ort der Stille, der Entschleunigung und unvergessener Ausblicke. Dieser Rückzugsraum öffnet alle menschlichen Sinne für das Darüber und Dahinter. Die Berge werden zum Erfahrungsraum, Teil unserer Kultur. Im Geistesflug über alle Gipfel hinweg gilt es sie neu wahrzunehmen.“

Das Raumschiff für die Geistesflüge der Besucher ist aus Beton. Zaha Hadid hat die Utopie des Bauens ins Hier und Jetzt geholt. Formen und Räume fließen ineinander. Im MMM Corones, dessen größter teil unterirdisch angelegt ist, bildet der beton eine Einheit mit der Natur, vor allem im Winter, wenn das obere Stockwerk des Gebäudes wie ein gigantisches Iglu aus dem Schnee ragt. „Die Assoziation war eine ausgespülte Gletscherhöhle, die wir als Landschaft interpretierten“, sagt Peter Irmscher, der das Projekt als Zaha Hadids leitender Architekt betreute.

Obwohl ich die Faszination des Bergsteigens nicht nachempfinden und dementsprechend wenig mit den hier vom Museumskurator Messner zusammengetragenen Erinnerungsstücken anfangen kann, war bei meinem Besuch im Januar die Anziehungskraft der architektonischen Hülle enorm. Wie von den Architekten gewollt, wurde ich quasi in die Ausstellungsräume nach unten „gesaugt“. Die Art, wie die Sichtachsenangelegt sind, wie sich mir das Bergpanorama aus verschiedenen Blickwinkeln offenbarte, hat die Pause vom Skifahren zum unvergleichlichen Erlebnis werden lassen.th_c8b674df7200c012fd1ce2aa90b39915_zahahadidbystevedouble_forweb_0272

Die Symbiose aus Felsgestein und Stahlbeton in über 2.200 Metern Höhe ist eines der letzten Denkmäler, das sich Zaha Hadid setzen konnte. Gestern, am 31. März 2016, ist sie im Alter von 65 Jahren gestorben.

Zaha M. Hadid

Das MMM Corones ist vom ersten Sonntag im Juni bis zum zweiten Sonntag im Oktober und von
Ende November bis Mitte April (entsprechend den Öffnungszeiten der Seilbahnen) täglich von 10 bis 16 Uhr  geöffnet. Man erreicht es am besten mit der Seilbahn von Bruneck aus. Der Museumseintritt beträgt 8 Euro für Erwachsene, 4 Euro für Kinder.

Weitere Informationen unter www.messner-mountain-museum.it/corones/museum/